Kollege Kamel: Bibliolog mit geistig behinderten Menschen

4E6A8295Zwei Jahre habe ich gelegentlich eine Wohngruppe geistig behinderter Erwachsener besucht und dabei auch die Gelegenheit gehabt Bibliolog anzuleiten. Der Grad der Behinderung und die Sprachfähigkeit war sehr unterschiedlich. Da ich nur gelegentlich da war, half es mir sehr, daß immer eine Mitarbeiterin dabei war, die dann, wenn ich die sprachlichen Äußerungen nicht verstanden habe, dolmetschen konnte.

Ganz wichtig war ein flauschiges Steiftierkamel, das ich vor einigen Jahren im Basar von Istanbul gekauft hatte. Das Kamel liebten die Teilnehmenden sehr. „Wie heißt der?“ war eine der ersten Fragen, die mich in Verlegenheit brachte. „Gimel“ sagte ich spontan, weil mir nichts besseres einfiel – der dritte Buchstabe im hebräischen Alpabeth. Gimel wurde sehr geliebt und mußte immer eine ausführliche Begrüßungsrunde machen. Da Gimel als Kamel ein Tier aus der Bibel war, war klar, daß er bei allen biblischen Geschichten dabei war und sie miterlebt hat. Alles wurde aus seiner Perspektive erzählt: Egal ob Gimel hinter Abrahams Zelt graste oder mit den Weisen aus dem Osten auf dem Weg nach Jerusalem war oder gerade in Jericho genau von dem Baum Blätter naschte, in dem Zachäus saß als Jesus vorbei kam.. Wer dann auf eine Frage antworten wollte, durfte Gimel nehmen. So war auch immer klar, wer gerade dran war. Am Schluß mußte Gimel eine ausführliche Abschlußrunde drehen und versprechen bald wiederzukommen.