Über Iris Weiss

Ich schreibe über alles rund um den Bibliolog, eine Form der interaktiven Bibelauslegung. Bibliolog ist aus der Tradition der jüdischen Schriftauslegung und dem Psychodrama entstanden und ermöglicht spannende Begegnungen mit biblischen Texten. Seit einigen Jahren bilde ich auch Menschen aus, die selbst Bibliolog anleiten lernen wollen.

Kurioses zum Rosenmontag: Bibliolog im Gürzenich

DSC01114Heute werden wieder die Rosenmontagszüge im Fernsehen ausgestrahlt. In meiner Kindheit war am Rosenmontag und am Faschingsdienstag schulfrei, weil meine Schule dafür die beiden Verfügungstage nutzte. Das verlängerte Faschingswochenende verbrachte ich bei meinen Großeltern. Am Montag gehörten die Faschingszüge zum Pflichtprogramm, weil mein Großvater sie so gern anschaute. Mich interessierten nur die Mottowagen, die aktuelle politischen Ereignisse aufs Korn nahmen. Später habe ich von den Rosenmontagszügen nur mitbekommen, was davon in der Tagesschau gebracht wurde.

Seit letztem Jahr schalte ich nun wieder den Rosenmontagszug aus Köln ein, der im WDR übertragen wird und zwar, weil der am Chlodwigplatz beginnt und erst einmal durch das Severinsviertel führt. Mir gefällt das bunte Treiben. Die Erzählungen, Interviews und Erläuterungen der Moderatoren finde ich sehr gelungen. Ich kann zwar die emotionale Bedeutung von Karnevalgesellschaften und ihren Sitzungen nicht nachvollziehen, aber für mich hat es einen gewissen Lokalkolorit seit ich Bibliolog-Kurse in der Melanchthon-akademie gebe, die in der Kölner Südstadt liegt. Diese Straßen, die ich im Alltagsgewand kenne, nun im bunten Faschingstreiben zu sehen – das hat was.

Eben erzählte einer der Moderatoren, daß die Karnevalsgesellschaft, die im Bild erscheint, ihre Sitzungen im Gürzenich abhält. Gürzenich war mir überhaupt kein Begriff bis zum Jahr 2007. Ich war Mitwirkende beim evangelischen Kirchentag im Zentrum Juden und Christen, das in der Kölner Altstadt seinen Ort hatte, weil dort noch Spuren jüdischen Lebens zu finden sind. „Gürzenich“ stand auf dem Programmzettel, der mir als Ort für den jüdisch-christlichen Bibliolog, den ich mit einem evangelischen Trainerkollegen halten sollte, zuging.

In der Wikipedia hieß es zu diesem Ort:
Der Gürzenich ist eine Festhalle im Zentrum der Kölner Altstadt. Namensgeber ist die Patrizierfamilie von Gürzenich, auf deren Grundstück das Profanbauwerk im 15. Jahrhundert errichtet wurde. Heute wird der Gebäudekomplex für Konzerte, Kongresse, Gesellschafts- und Kulturveranstaltungen genutzt.

Damals im Juni 2007 war Bibliolog in Deutschland noch kaum bekannt. Wir wollten diesen Zugang vorstellen und spezieller darauf eingehen, wie er für den jüdisch-christlichen Dialog fruchtbar gemacht werden kann. Und Ort des Geschehens war – genau: „der Gürzenich“. Wir waren für einen Kellerraum eingeteilt worden. Als ich den Saal betrat, traf mich fast der Schlag: Kellergewölbe, kein Fenster, gut und gern 200 Plätze und haufenweise Glasvitrinen, in denen alles Mögliche ausgestellt war, was mit Karneval zu tun hat. Karneval dominierte diesen Raum und es gab keine Möglichkeit daran etwas zu verändern. Auch mit dem Licht waren kaum Varianten möglich: Schummerlicht oder Festbeleuchtung. Gut, Stühle konnte man stellen, was wir dann auch taten, wobei wir überhaupt nicht wußten, mit wievielen Leuten wir rechnen sollten. Klar war aber, daß der Raum mit Sicherheit zu groß ausgelegt war. Ich kann mir nur schwer einen Raum vorstellen, der noch weniger geeignet ist für Bibliolog als dieser Kellerraum im Gürzenich.

Zu unserem Angebot kamen sechzehn Teilnehmende. So kleine Gruppen für bibliologisches Arbeiten bei einer Großveranstaltung wie Kirchentag gehören inzwischen der Vergangenheit an. An die inhaltlichen Details des Bibliologs erinnere ich mich nur noch schwach, aber die Atmosphäre ist mir sofort präsent, wenn ich das Stichwort „Gürzenich“ höre. Es war gar nicht so einfach, die Gruppe in biblische Zeiten ans Ende der Wüstenwanderung der Israeliten kurz vor dem Einzug ins Land der Verheißung zu führen. Als ich dann meine Hinführung so gestaltet hatte, klopfte es lautstark an die Tür. Zwei Nachzügler betraten den Raum und fragten: „Ist hier der Bibliolog“, was ich durch einen Zettel an der Tür bekannt gemacht hatte. Ich verdrehte innerlich die Augen und dachte: Wenn die Leute schon zu spät kommen, warum können die das nicht störungsfrei gestalten und sich einfach hinsetzen. Manchmal kommt einfach viel zusammen. Der Bibliolog war anregend und lief dann trotz der schwierigen Rahmenbedingungen gut.

Denjenigen, die dabei waren, hat es gefallen. Einige habe ich später in meinen Grundkursen wieder getroffen. Für mich war die prägende Erfahrung: Bibliolog geht – wenn es sein muß – sogar an sehr dafür ungeeigneten Orten.

Frage 17: Copyright Bibliolog

Copyright Zeichen… lautet eine Suchanfrage.

Wenn ich etwas erarbeitet habe und das öffentlich darbiete – egal ob in schriftlicher oder mündlicher Form – so ist das mein geistiges Eigentum. Das kann ein Vortrag sein, ein Unterrichtsentwurf, eine Stadtführung oder auch ein Bibliolog. Im Zeitalter von Internet und Copy & Paste (ich-mache-mir-zueigen-was-ich-mir-zu-eigen-machen-kann) ist das Bewußtsein dafür sehr gering entwickelt wenn nicht gar ganz verschwunden.

Manchmal passiert es – gern in kirchlichen Mitarbeiterkreisen aber nicht nur da – dass Leute bei Bibliologen mitschreiben wollen, um „die Fragen zu haben“. Sie denken, daß sie dann selber damit starten können, Bibliologe anzuleiten. Das wird aus zwei Gründen nicht klappen: Beim Bibliolog anleiten kommt es auf Haltungen und Grundfertigkeiten an, die nicht darüber erlernt und eingeübt werden, daß man ein paar Fragen mitschreibt, die ja wohl besonders gut sein müssen, weil der Bibliolog von einer Bibliolog-Trainerin angeleitet wird. An anderer Stelle habe ich schon geschrieben, daß Fragen zu einem Text auch von Gruppe zu Gruppe und von Situation zu Situation variieren. Aber der Hauptgrund, warum ich während eines Bibliologs niemals mitschreiben lasse, ist ein anderer: Wer mit Stift und Papier als Mitschreibender im Kreis sitzt, begibt sich in eine Beobachtersituation. Er / sie taucht nicht in den Text ein und bekommt so die wesentliche Dynamik eines Bibliologs nicht mit. Außerdem ist eine solche Beobachterposition auch für viele Teilnehmende störend. Die Folge kann sein, daß ein Bibliolog nicht richtig in Gang kommt.

Vielleicht zielt die Frage aber auch darauf ab, ob die Bezeichnung „Bibliolog“ geschützt ist im Sinne eines Markenbegriffes (Textmarke bzw. Wortmarke). Nein, Bibliolog ist nicht geschützt. Darüber gab es in den Anfängen der Bibliologbewegung unter Trainern und Trainerinnen eine kontroverse Diskussion. Die Mehrheit befand, daß doch in kirchlichen Kreisen die Menschen so sind, daß sie verantwortungsvoll damit umgehen und Bibliolog nicht anleiten bevor sie das solide gelernt und eingeübt haben werden. Dass diese Sichtweise zu optimistisch war, war damals – für die meisten – nicht vorauszusehen.

Da Bibliolog derzeit sehr populär ist, wird diese Bezeichnung immer wieder für anderes verwendet. Nicht überall wo „Bibliolog“ draufsteht, ist auch „Bibliolog“ drin. Das geht so weit, daß ich schon Teilnehmende in Grundkursen hatte, die Bibliolog anleiten lernen wollten und nach meinem Anfangsbibliolog feststellten, daß das, was ihnen als Bibliolog vermittelt worden war, was ganz anderes ist.

Wenn jemand durch Bibliolog inspiriert wird, noch mal eine eigene Form des Umgangs mit biblischen Texten zu entwickeln, dann finde ich das eine tolle Sache. Um der Klarheit willen sollte dafür eine andere Bezeichnung verwendet werden wie etwa „Bibel interaktiv“, inspieriert von Bibliodrama und Bibliolog und sehr geeignet besonders für die Arbeit mit Jugendlichen und Konfirmanden – zu finden auf der Seite des RPZ (religionspädagogischen Zentrum) Heilsbronn.

Bibliolog-Gottesdienst in Spandau 2013

In Spandau bietet Pfarrer Christian Moest einmal im Quartal einen Gottesdienst mit Bibliolog an.

Die nächste Gelegenheit an einem solchen Gottesdienst teilzunehmen ist am
10. Februar um 9.30 Uhr: Die Heilung des Blinden bei Jericho (Lukas 18,(31-34) 35-43).

Ort:
Zuversichtskirche (Spandau Ortsteil Staaken)
Brunsbütteler Damm 312
13591 Berlin

Die weiteren Termine für 2013 werden hier eingestellt.

Wortwolke und Suchbegriffe im Januar 2013

Wortwolke Januar 2013

Wortwolke Januar 2013

… und was sonst noch gefragt wurde …

verbindliche Auslegung der Torah
jede Generation ist verpflichtet die Torah neu auszulegen; Auslegungeregeln gibt es: z.B. nach Rabbi Jischmael g.oogeln

Martin Buber erzählt Holofernes
eher nicht – von Holofernes erzählt das apokryphe Buch Judith, das man in katholischen Bibelausgaben findet; Martin Buber erzählt chassidische Geschichten

was sind nicht-narrative Texte
alle Texte, die zwar etwas aussagen, aber in denen nichts erzählt („narrare“ lat. erzählen) wird: Fahrplan, Gebrauchsanweisung, Rezept, Beipackzettel, Dienstanweisung, Stellenbeschreibung, Zeugnis, Einkaufszettel, Redensarten, Sprichwörter, Gebete, Reden, Psalmen, Gedichte, Briefe, Gesetzestexte, Anzeigen, Speisekarte, Platzreservierung, Verträge, Strafzettel, Ausweisdokumente, Zollpapiere, Führerschein …

Bibliolog Hospizarbeit Bibeltext
kommt auf die Lebensfrage(n) an, um die es gehen soll

Bibliolog Anleitung Anleitungen Enwurf Entwürfe Beispiel Beispiele, Vorlage, Vorlagen
ist zwar in allen möglichen Varianten die häufigste Frage, über die Leser auf dieses Weblog kommen. Aber ich muß Sie enttäuschen: Das gibt’s -immer noch – nicht im Internet. Warum, das steht hier.

biblische Speisegebote
Levitikus 11 (3. Buch Mose Kapitel 11) und Deuteronomium 14 (5.Buch Mose Kapitel 14)

godly play Figuren
ich kenne „biblische Erzählfiguren“; beim „godly play“ gibt es alle möglichen Requisiten, aber keine speziellen Figuren

wer hat schon mal Bibliolog zu Psalm 23 gemacht
ich – in beiden möglichen Varianten

jüdische Bibliologin Berlin
in Berlin – und nur dort – gibt es drei jüdische Bibliologinnen

sephardische Synagoge in Berlin
Tiferet Israel in der Passauer Strasse hinter dem KaDeWe

Jona Bauch Andrea
wohl eine außerbiblische Variante – oder ein Gegentext?

Bibliolog mit 25
Personenzahl oder Altersangabe – beide Varianten möglich

Gewalt-Texte im Bibliolog

Im Nachgespräch der interreligiösen Bibliolog-Werkstatt zu den „drei Jünglingen im Feuerofen“ (Daniel Kap. 3) kam die Frage auf, ob dieser Text überhaupt bibliologtauglich ist wegen der doch sehr gewalttätigen Bilder von der Szene im Feuerofen und den Wächtern, die dabei umkommen.

Die Frage ist sehr berechtigt und ich denke, daß dieser Text nur in sehr speziellen Situationen angeleitet werden sollte. Meist ist es ja im kirchlichen Kontext so, daß Bibliolog gemacht wird um ein Thema zu eröffnen und in den wenigsten Fällen angekündigt wird. Da Bibliolog davon lebt, daß die persönliche Erfahrungsebene bei den Teilnehmenden angesprochen wird, muß die Leitung immer im Blick haben, daß bei Teilnehmenden mit entsprechenden Vorerfahrungen Erinnerungen und Gefühle aktiviert werden, die im Rahmen des bibliologischen Geschehens nicht bearbeitet werden können – weil der Rahmen dafür fehlt.

Die interreligiöse Bibliolog-Werkstatt unterschiedet sich davon, weil hier schon immer im Voraus das Thema angekündigt ist und sich die Teilnehmenden bewußt entscheiden, an diesem Abend zu kommen.

Die Verantwortung der Leitung im Prozeß des bibliologischen Geschehens hat Peter Pitzele folgendermaßen beschrieben:

„Bibliolog entwickelt einen Teil seiner Kraft aus dem Nährboden der persönlichen Geschichte, die unterhalb unserer aktiven Interpretation liegt. Es ist weder meine Aufgabe als Leitung, diese tieferen Schichten der Erinnerung und der persönlichen Geschichte an die Oberfläche zu zerren, noch, sie deutlicher zu machen, als die Betreffenden es freiwillig anbieten. Es ist aber auch nicht meine Aufgabe, diese Informationen zu unterdrücken. Meine Aufgabe ist es, dem Prozess zu vertrauen und durch meine Leitung und die von mir gesetzten Schranken sicherzustellen, dass diese Arbeit in interpretativem Spiel, die den Text und die Person miteinander verwebt, weder den Text noch die Person verletzt.“ (Scripture Windows, Übersetzung: Iris Weiss)

Wenn in einer besonderen Situation ein solcher Text bearbeitet wird, ist es wichtig die Fragen so zu formulieren, daß nicht in die Gewaltszene hinein gefragt wird, sondern die Gewaltszene wird erzählend zusammengefaßt oder vorgelesen. Sie bildet keinesfalls den Schwerpunkt des Bibliologs. In unserem Bibliolog ging es um Identität, Widerstand, Macht, Zivilcourage und Mitmachen gegen bessere Überzeugung. Ich hatte diesen Bibliolog nicht bewußt für den 30. Januar geplant, aber da er an diesem Tag stattfand, spielte in unserem Nachgespräch die Machtübernahme von Adolf Hitler und wie man nach der Schoah diesen Text lesen und verstehen kann, eine zentrale Rolle.

Texte, in denen ein Gewaltgeschehen eine zentrale Rolle spielt, sind nicht bibliolog-tauglich (z.B. „Opferung“ Isaaks, Kain und Abel (Brudermord), Vergewaltigung der Dinah oder Jephthas Tochter)

Sieben Wochen MIT … Bibliolog

Gemeindezentrum Gropiusstadt-Süd (Apfelsinenkirche)

Gemeindezentrum Gropiusstadt-Süd (Apfelsinenkirche)

7 Wochen ohne … “ hat als Fastenaktion der evangelischen Kirche seit 1983 mittlerweile Tradition. Jedes Jahr gibt es einen anderen Schwerpunkt: Sieben Wochen ohne falsche Ausreden (2011), sieben Wochen ohne falschen Ehrgeiz (2012) und dieses Jahr sieben Wochen ohne Vorsicht. Die Aktion lädt dazu ein, die siebenwöchige Passionszeit vor Ostern bewußt zu gestalten.

Im Kirchenkreis Neukölln ist nun eine neue Tradition am Entstehen:
Sieben Wochen MIT …. Bibliolog
Seit einem Jahr treffen sich Menschen aus dem Kirchenkreis und Berlin mit Pfarrerin Ingrid Schröter regelmäßig am ersten Montag im Monat von 16.00 bis 18.00 in der Gemeinde Gropiusstadt-Süd. Hierbei entstand die Idee, sich bibliologisch mit der Leidensgeschichte von Jesus auseinanderzusetzen. Deshalb wird es neben den monatlichen Montagstreffen in der Passionszeit jeden Mittwoch von 16.00 – 18.00 Uhr eine Bibliolog-Reihe geben, der Texte aus dem Markusevangelium zugrunde liegen:

13. Februar 2013: Einzug Jesu in Jerusalem
20. Februar 2013: Salbung in Bethanien
27. Februar 2013: Judas
6. März 2013: das letzte Abendmahl
13. März 2013: Jesus in Gethsemane
20. März 2013: Petrus
27. März 2013: Gefangennahme von Jesus

Die Bibliolog-Veranstaltung am 1. Montag im Monat von 16.00 – 18.00 h läuft auch in der Passionszeit weiter und zwar am 4. März.

Evangelisches Gemeindezentrum Gropiusstadt-Süd (Apfelsinenkirche)
Joachim-Gottschalk-Weg 41
U-Bahnlinie 7 Wutzkyallee

Zum Weiterlesen:
Warum es im Internet keine Vorlagen oder Entwürfe für Bibliologe gibt

interreligiöse Bibliolog-Werkstatt Januar bis März 2013

Auch die nächsten Treffen der interreligiösen Bibliolog-Werkstatt 2013 stehen unter dem Thema Feuer und Feuerstellen in der Bibel und finden an folgenden Terminen statt:

Feuer

Mi 30. Januar 19.30 h
Die drei Jünglinge im Feuerofen (Daniel 3)

Mi 27. Februar 19.30 h:
Wir gingen durch Feuer und Wasser (Psalm 66,12)

Mi 20. März 19.30 h:
Vom trägen Herzen zum brennenden Herzen: Auf dem Weg nach Emmaus (Lukas 24)

Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, aber auch nicht hinderlich; Unkostenbeitrag für Raumnutzung nach Selbsteinschätzung

Ort: interkulturelles Stadtteilzentrum Sprengelhaus, Sprengelhaus 15, 13353 Berlin-Wedding (U 9 Amrumer Straße; U 6 Leopoldplatz)

Neue Rubrik „Texte“

Textraum Titelbild

Textraum Titelbild

In den letzten Jahren habe ich einige Artikel über Bibliolog in der Zeitschrift „Textraum“, die von der Gesellschaft für Bibliodrama halbjährlich herausgegeben wird, veröffentlicht. Leider waren die Beiträge immer nur zeitlich befristet auf der Textraum-Internetseite abrufbar und so laufen einige Links in diesem Blog ins Leere. Deshalb richte ich eine neue Rubrik „Texte“ unter dem Headerbild ein. Wenn man mit dem Mauszeiger auf „Texte“ geht, dann werden die Titel der einzelnen Texte gelistet und man kann den gewünschten Beitrag anklicken.

Als erstes stelle ich den Artikel „Jonas, der Midrasch und G-tt im Bibliolog“ ein, der auf eine überraschende Erfahrung zurückgeht, die ich bei einem Bibliologabend im Rahmen eines christlich-jüdischen Dialogs machte, zu der ein – nach gängigen Maßstäben geistig-behinderter – junger Mann namens Jonas kam. Dieser Abend ist ein eindrückliches Beispiel wie „inklusiv“ Bibliolog ist. Viel Spaß beim Lesen – auch der anderen Beiträge, die ich nach und nach einstellen werde.

Frage 16: Bibliolog und Bibelübersetzungen

Hinter dieser Überschrift verbirgt sich die Fragestellung, ob es Bibelübersetzungen gibt, die besonders geeignet im Rahmen der Arbeit mit dem Bibliolog sind und anders herum gefragt: Gibt es auch Bibelübersetzungen, von denen (eher) abzuraten ist?

Folgende Leitfragen könnten bei der Entscheidung weiterhelfen:
-Was dient der Verständlichkeit des Textes, den ich mit einer Gruppe auslegen möchte möchte und zwar im Blick auf die spezielle (Ziel-)Gruppe, mit der ich den Bibliolog durchführe?
– Was sind meine eigenen Vorlieben?

1. Eigene Vorlieben:
Tur Sinai coverIch verwende sehr gern die Übersetzung von Naftali Herz Tur-Sinai, die in den 1920iger Jahren an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin entstanden ist. Sie ist für heutige Zuhörende, auch wenn sie nicht in einer religiösen Tradition geprägt sind, gut verständlich und sie ist gleichzeitig ganz nah am hebräischen Text dran auch was den Sprachrythmus betrifft. Bei der Arbeit mit christlichen Gruppen ist mir aufgefallen, daß die Tur-Sinai-Übersetzung als Übersetzung, die von jüdischen Übersetzern angefertigt wurde, sehr für sprachliche Eigenheiten sensibilisiert. Bei den Grundkursen werde ich sehr oft von den Teilnehmenden gefragt, was das denn für eine Übersetzung sei, die ich verwende und empfehle sie wärmstens.

Nur bei Bibliologen mit Psalmen mit christlichen Gruppen bin ich sehr vorsichtig mit der Tur-Sinai-Übertragung, denn besonders im evangelischen Bereich sind die Teilnehmenden sehr stark von der Übersetzung von Martin Luther geprägt. Da löst es oft große Irritationen aus, wenn die Textgestalt eine andere ist als die den Teilnehmern bekannte. Wenn es mir aber genau darauf ankommt, das Bekannte zu durchbrechen und die Teilnehmer durch eine andere Übersetzung zu neuen Wahrnehmungen anzuregen, dann umgehe ich mögliche Irritationen indem ich am Beginn der Hinführung darauf hinweise, warum ich heute eine andere als für die meisten gewohnte Bibelübersetzung mitgebracht habe und verwende und welche Chance darin liegen kann, einen Text durch eine andere Übersetzung noch einmal anders und neu zu hören und zu schmecken.

Buber-Rosenzweig schätze ich sehr und verwende ich gern zur Vorbereitung. Den Einsatz dieser Übertragung finde ich allerdings beim Bibliolog schwierig, denn Buber-Rosenzweig versteht man dann, wenn man schon weiß, was der Inhalt ist. Mit Zielgruppen, mit denen man philologisch am Text Bibliolog machen will und die entsprechend vorgebildet sind (Pfarrpersonen, Theologiestudierende) kann es durchaus reizvoll sein, mit der Buber-Rosenzweig-Übersetzung zu arbeiten, aber diese Zielgruppe dürfte eher der Ausnahmefall bibliologischen Arbeitens sein.

NGÜ CoverWenn ich Bibliologe zu Texten aus dem Neuen Testament (Evangelien oder Paulusbriefe) mache, was bei mir als Jüdin nur gelegentlich vorkommt, dann ist meine Lieblingsübersetzung die NGÜ (Neue Genfer Übersetzung). Ich finde sie gut verständlich, sprachlich brilliant und frisch. Da ich kein Griechisch kann, hilft mir der Anmerkungsapparat, der neben dem Bibeltext mitläuft, sehr und hat mich schon zu mancher Frage inspiriert.

2. Zielgruppe

Eine Leitfrage für mich wäre, welche Bibelübersetzung für die Zielgruppe besonders leicht zugänglich im Sinne von „Verständlichkeit“ ist und damit „niedrigschwellig“ ist. Das kann dann bei der Vorbereitung eines Bibliologs dazu führen, daß ich für eine evangelische Gemeindegruppe die Lutherübersetzung nehme, für eine katholische Fortbildungsgruppe die Einheitsübersetzung, bei einem Frauenseminar die „Bibel in gerechter Sprache“, für Jugendliche die „Gute Nachricht“ oder „Hoffnung für Alle“ – Übersetzung. Wenn eine Gruppe dann schon etwas Bibliolog-Erfahrung hat und ich bewußt nicht mit der ihr vertrauten Textgestalt arbeite, dann – siehe oben – erkläre ich das in der Hinführung als eine Chance, durch eine andere Übersetzung neue Nuancen zu entdecken.

Außerdem gibt es Spezialfälle, auf die ich so gut wie möglich einzugehen versuche. Wenn ich weiß, daß bei einer Seniorengruppe auch Menschen mit dementieller Veränderung dabei sein werden, dann ist es wichtig, die diesen Menschen vertraute Übersetzung zu nehmen oder die speziell für Menschen mit dementieller Veränderung entwickelte Bibelausgabe Getröstet und Geborgen-Bibel.

Kinderbibel Esben Hanefelt KristensenEin anderer Spezialfall sind Kinderbibeln für Kinder im Grundschulalter. Kinderbibeln sind dann bibliologtauglich, wenn sie möglichst viel weißes Feuer lassen, also möglichst wenig interpretieren und ausmalen, denn das schränkt den Raum der Auslegung ein. Auch sind Übertragungen nicht geeignet, in denen ein Tier (Esel) oder eine dritte Person eingeführt wird, die die biblische Geschichte erzählt. In christlichen Kindergruppen arbeite ich deshalb gern mit der Neukirchner Kinderbibel und bei älteren Grundschulkindern und auch mit geistig Behinderten – egal ob Kinder oder Erwachsene – noch lieber mit der – leider wenig bekannten – „Bibel – mit Bildern von Esben Hanefelt Kristensen“, die von Klaus Knoke ins Deutsche Übersetzt wurde und von der Deutschen Bibelgesellschaft herausgegeben wurde (Bild links). In jüdischen Kindergruppen oder beim Vertiefungskurs Midrasch arbeite ich mit einer jüdischen Kinderbibel von Abascha Stutschinsky (die Bibel für Kinder erzählt), die auch Material aus dem Midrasch enthält, aber leider nicht mehr im Buchhandel erhältlich ist. Außerdem gibt es im Internet eine neue Ausgabe der Tora für Kinder von Bruno Landthaler und Hanna Liss mit Pop-Up-Fenstern aus dem Raschi-Kommentar (die Seite ist noch in Entwicklung)

Bei zweisprachigen Gruppen, bei denen nicht alle Mitglieder gleichermaßen mit beiden Sprachen vertraut sind, verwende ich Übersetzungen beider Sprachen.

Bibliolog mit Objekten zu Genesis 16

Bibliolog mit Objekten zu Genesis 16

Kann man beim Bibliolog auch mit verschiedenen Bibelübersetzungen arbeiten? Beim Normalfall bibliologischen Arbeitens legt man mit einer Gruppe einen Text aus. Um gut in der Geschichte „drin“ zu bleiben, empfehle ich, es bei einer Übersetzung und damit bei einem Duktus zu belassen. Wenn man jedoch verschiedene Übersetzungsvarianten ins Spiel bringen will um Bedeutungsunterschiede zu thematisieren, sollte man sich einen besonders signifikanten Satz am Ende des Textes auswählen und dann die Verschiedenen Übersetzungsvarianten durch Stühle (Aufbauform Bibliolog mit Objekten) visualisieren, wobei man sich die Überleitung und die Frage sehr genau überlegen muß, damit die Teilnehmenden „im Text“ bleiben und nicht ÜBER den Text oder Übersetzungsvarianten reden.

Zum Weiterlesen:
Ab welchem Alter geht Bibliolog mit Kindern?
Schwarzes Feuer und weißes Feuer im Bibliolog

Bibliolog in Neukölln 2013

ApfelsinenkircheSeit einem Jahr treffen sich Interessierte am 1. Montag im Monat um 16.00 Uhr in der Gemeinde Gropiusstadt-Süd (Kirchenkreis-Neukölln) zum Bibliolog. Die Methode war den meisten unbekannt.

Unsere Erfahrung: Wer am Bibliolog teilnimmt, erfährt sich und den Bibeltext im unmittelbaren Gespräch. Wir staunen darüber, was nicht im Text steht. Wir misstrauen den Kapitelüberschriften. Wir entdecken innerbiblische Zusammenhänge und neue Fragen. Doch was das Spannendste ist, jeder Texte hat mit unserem Leben zu tun.

Ausgegangen sind wir von Evangeliumstexten, die das Kirchenjahr vorgibt. Mittlerweile einigen wir uns auf einen Text, der uns fraglich, anstößig, unverständlich oder auch nur allzu vertraut ist … mit dem Ergebnis, dass wir im Dezember mit dem „zweifelnden Thomas“ in den Dialog traten. Wir gehen ins zweite Jahr. Es sind noch viele Erzählungen da …

Evangelisches Gemeindezentrum Gropiusstadt-Süd (Apfelsinenkirche)
Joachim-Gottschalk-Weg 41
12353 Berlin

Wegbeschreibung:
U Bahnhof Wutzkyallee (Linie U 7) Dem Weg zwischen Exner-Pflegeeinrichtung (links) und Wutzky- Einkaufscenter (rechts) folgen, bis auf der rechten Seite ein oranges Haus aufleuchtet. Die Kirche ist in der Bevölkerung unter dem Begriff „Apfelsinenkirche“ bekannt.S

Termine 2013:

Mo 7. Jan um 16.00 Uhr: Die Auferweckung des Lazarus (Johannes 11)
Mo 4. Febr. um 16.00 Uhr: Der Hauptmann von Kaparnaum (Luk 7)
Mo 4. März um 16.00 Uhr: Salbung von David zum König (1 Sam 16) und Psalm 23
Mo 8. April um 16.00 Uhr: „Das jüdische Wochenfest – als Gott am Sinai die Torah gab“ (Ex 18) und warum man ohne diese Geschichte das christliche Pfingstfest nicht verstehen kann.
Mo 6. Mai um 16.00 Uhr: Pfingsten (Apg 2)
Mo 3. Juni um 16.00 Uhr: Maria aus Magdala
Mo 5. August um 16.00 Uhr: Hagar (Genesis 16) (vertretungsweise mit Iris Weiss)
Mo 2. Sept um 16.00 Uhr: David und Batseba
Mo 7. Okt um 16.00 Uhr: David und Nathan
Mo 4. Nov um 16.00 Uhr: David und Absalom
Mo 2. Dez um 16.00 Uhr: Batseba, David Königs Frau

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